08 Oktober 2012

Einleben




Wie wohnt man so das erste Mal ohne Eltern? In einer meist recht kleinen WG in irgendeiner deutschen Studentenstadt oder im Studentenheim, zusammen mit Menschen die deine Sprache sprechen. Aber Johanna ist das natürlich zu „Mainstream“.



verschlafener Bahnhof

Deswegen fängt sie gleich mit einem Haus inklusive Balkon an. Ein Garten sollte auch dran sein, ja ein ertragreicher Haselnussbaum sowie ein Feigenbaum würden sich ganz gut darin machen. Auf jeden Fall sollte es irgendwo sein, wo sie niemand versteht. Wie wäre es mit irgendeiner Stadt in Bosnien Herzegowina an der Grenze zu Kroatien? Vielleicht finden sich ja zwei Französinnen im Alter von ca. 26 Jahren, die mit ihr wohnen möchten?
Ja, die finden sich hier. Also los in den Bus von Sarajevo nach Brcko! So fuhr ich einige Stunden über die Berge. Wenn ich an die Fahrt in dem Zug nach Sarajevo denke, muss ich sagen, dass daer Bus ein richtiger Luxus war. In Bosnien wird zum Glück das Meiste mit den Bussen geregelt. Der Bahnhof von Brcko bekommt ein Mal täglich Besuch von einem einzigen Zug...

Versuche erstes Bild v. Brcko festzuhalten, zum Glück falsche Stadt



Das einzige Problem der Fahrt war: Wo steige ich aus? Das Schild am Straßenrand sagte mir, es seien nur noch 56 km..dann nur noch 2km… Dann kam da eine Stadt, die etwas größer als die umliegenden Städte waren, aber wo war das Ortseingangschild? Nichts gesehen…Muss ich jetzt raus? Wenn man wenigstens an den Bushaltestellen sehen könnte wo man ist. Aber nein, die Leute stehen einfach irgendwann auf, rufen dem Busfahrer zu und steigen aus. Überall, nur nicht an Haltestellen. Muss ich das auch machen? So fragte ich gefühlte zehn Mal ob wir jetzt in Brčko seien und ob ich aussteigen müsse.
 Zum Glück kam dann aber doch irgendwann ein richtiger Busbahnhof und an dem stand auch gleich meine Vorgängerin, die zufälligerweise auch Johanna heißt. Und so kam ich, natürlich nach einem Erholungskaffee, am 26. August in mein neues zu Hause, wo ich gleich mit einem Tischfeuerwerkchen willkommen geheißen wurde. Aber keine Sorge, ich wohne nicht in einer riesigen Villa. Das Haus hat auch nicht viel mehr Fläche als eine Wohnung, aber es ist immerhin ein Haus, ein sehr gemütliches obendrein.

Nein, ich habe nicht extra fšr euch aufgeraumt
Nicht tz sehen: braune Ledercouch u. Sessel im gleichen Design
Einziges Problem sind die Möbel, die danach ausgesucht wurden, dass sie niemand klauen möchte. Alte dunkelbraune Möbel, sehr deprimierend.Also habe ich alle Bettlaken im Haus zusammengesucht und meine Moebel damit bezogen. Nicht sehr schoen, aber besser.

Ehrlichgesagt war mir etwas mumlig nach dem was ich gehört hatte. Bko liege im Gegensatz zu Sarajevo nicht in den Bergen, sprich: dort wird es schon noch ein paar Grad wärmer. Wärmer als 42°C? Ja, tatsächlich sollen es ein Tag vor meiner Ankunft 48°C gewesen sein. Doch das Wetter war gnädig und schickte mir Sturm und Regen, sodass meine ersten Tage mit gemäßigten Temperaturen gut auszuhalten waren.
So komme ich jetzt langsam hier an, auch wenn es mir immer wieder plötzlich durch den Kopf schießt „Ohje, jetzt bin ich ja wirklich in Bko“ „Hey, mein Freiwilligendienst hat ja jetzt schon begonnen!“ „Das ist ja tatsächlich meine erste eigene Wohnung“. Ein netter Zufall macht das Ganze auch gleich viel heimischer. So ist uns gleich am Anfang eine abgemagerte Babykatze zugelaufen, die seit dem nicht mehr von meiner Seite weicht. Sobald ich sie alleine lasse fängt sie an zu meckern, sobald ich mich auf den Boden setze sitzt sie auf meinen Schultern und sobald ich mich ins Bett lege lieg sie auf meinem Hals. Anscheinend werde ich hier in Bosnien ernsthaft gebraucht.
Merkwürdig war nur die Stimmung in den ersten Wochen. Denn es waren noch eine Menge an internationalen Freiwlligen (Kanada, Niederlande, England, Deutschland, Süd Sudan) da, die alle ihre letzten Tage in Bosnien genossen. Also herrschte Abschiedsstimmung, sprich tausende Küsse, Umarmungen, Lachen, Weinen und eine Menge an Insidern, mit denen ich nichts anfangen konnte. Doch nun sind sie weg und ich kann mich langsam daran gewöhnen ein Teil von Bko zu werden. Mit mir werden Roderick aus Schottland, Sarah aus London und Claire und Camille aus Frankreich zurückbleiben.
Dieser buntgemischte Haufen hat ein ziemliches Sprachenwirrwar zur Folge, welches mich schon so manches Mal durcheinander gebracht hat. Mit den internationalen Freiwilligen rede ich natürlich auf Englisch. Das ist echt anstrengend, denn viele von ihnen sprechen Englisch als Muttersprache, also schnell und mit schottischem bzw. britischem Akzent. Hinzu kommt, dass meine Mitbewohnerinnen auf Französisch untereinander reden, was ich versuche zu verstehen. Wenn ich mal „nach Hause telefoniere“ kommt noch Deutsch hinzu. Mit den Kindern und den anderen Einheimischen versuche ich mich währenddessen immer mehr auf Lokalsprache. Denn hier spricht man nicht bosnisch. Bko liegt an der Grenze zu Kroatien und ist auch nicht weit von Serbien entfernt. Daher spricht man hier alle 3 Sprachen. Um mich nicht auf eine Seite zu schlagen spreche ich also „Lokalsprache“oder "eure Sprache", also das was man hier eben so spricht...Mischmasch. Das ist auch gaz egal, denn im Grunde genommen sind alle 3 Sprachen abgesehen von einigen Buchstaben und einzelnen Woertern das Gleiche.
So kommt es öfters vor, dass ich alles durcheinander haue, englische SMS an Leute aus Deutschland versende, mir Deutsche Worte für mein Tagebuch nicht mehr einfallen, ich Deutsch mit meinem Mitbewohnerinnen rede usw…Ich vergesse auch immer mehr die Deutschen Woerter und wenn mich Leute fragen ,was das und das auf Deutsch heisst muss ich erst einmal lange ueberlegen.
Meine Lokalsprachkenntnisse sind auch schon ganz gut. Jedenfalls kann ich am Anfang von Konversationen nichts falsch machen, denn die fangen in der Regel alle gleich an:

Möglichkeit Nr. 1: - „ Đesi“ „Evo me!“
                                (Wo bist du? Hier bin ich!) (Macht keinen Sinn, vielleicht mit „What´s up" zu
                                  vergleichen)
Möglichkeit Nr. 2:  -„Šta ima?“ „Nema ništa!“
                                (Was gibt´s neues? Nichts!) (Keine andere Antwort möglich)
Möglichkeit Nr 3:    - „Kako si?“  „Dobro, havala, a ti?” “Dobro sam”
                                  (Wie geht es dir? gut, danke und dir? „gut“)       
                                  (auch hier keine andere Antwortmöglichkeit)

Und zum Schluss noch das "einlokalte" (da eingebosnischt falsch wäre) Wort des Tages: seksi
Da muss ich wohl nichts weiter erklären.




18 September 2012

Verspätung

Izvini, Entschludigung, meine sehr geehrten Leser und Leserinnen,

es tut mir soo leid, dass ich jetzt erst wieder von mir hören lasse. In den letzten Wochen gab es und gibt es noch immer einige Internetprobleme. Doch jetzt bin ich bei einem anderen Freiwilligen, der W-LAN hat und nutze die Gelegenheit natürlich sofort, um mich zu melden um euch erst ein Mal zu beruhigen: Ich bin gut in Brčko angekommen. ;-)
Aber davon später mehr. In diesem Eintrag möchte ich noch nicht von meinem neuen zu Hause, sondern noch von meinen letzten Tagen in Sarajevo berichten.
Also was haben wir noch so gemacht?

Wir waren an der Quelle der Bosna (eigentlich schon an einem der ersten Tagem aber bisher hat es noch nicht gepasst davon zu erzählen). Ein wunderschöner, idyllischer Park mit viel Grün, Brücken, entspannten Menschen und kleinen Quellbächen, die vor sich hin plätschern.Hin führt eine Allee, die für Fußgänger kein Ende zu nehmen scheint, weshalb sich viele für die bequeme Kutsche entscheiden. Ich war tapfer, doch eins steht fest: Ich möchte nicht den Job des Mannes haben, der den ganzen Tag auf und ab läuft, um die Pferdeäpfel aufzusammeln. 
 


An Bajram (den Feiertagen nach der Fastenzeit der Muslime) haben wir eine Stadtführung einer ehemaligen Freiwilligen bekommen. Sie hat uns zu einem Park geführt, in dem noch alte Bäume wachsen. Die sind in Sarajevo eine wahre Rarität, da man die Meisten zur Zeit der Belagerung gefällt hat um sie als Heizmaterial zu nutzen. Es hieß also: Umarme man einen dieser Bäume, so bringe es einem Glück. Gleiches gelte, wenn man der Statue von Ivo Andrić (DEM Dichter der Bosnier) über die Nase streichle. Wir haben natürlich alles breitwillig mitgemacht und uns keine Gedanken darüber gemacht, ob es komisch aussehen könnte, wenn eine zehnköpfige Gruppe von jungen Menschen Bäume umarmend und Statuen streichelnd durch die Stadt läuft. "Schließlich machen das ja alle so." Am Ende der Führung wurden wir dann darüber aufgeklärt, dass es unter Freiwilligen Tradition ist, sich jedes Jahr eine weitere schwachsinnige Aktivität für die Stadtführung auszudenken, die keinerlei Sinn ergibt. Natürlich waren auf genau diese Art und Weise die beiden Glücksbringeraktionen entstanden.


Dank Lina, die den halben Stadtführer auswendig konnte, bin ich auch auf eigene Faust viel unterwegs gewesen, um mich kulturell zu bilden. So haben wir zb ein zeitgenössisches Kunstmuseum besucht, in dem unter anderem auch ein Kunstwerk von Beuys ausgestellt war. Das war wirklich toll. Doch auch nach Kunstunterricht mit Abiturniveau sind unsere Zeitgenossen manchmal etwas verwirrend. So wussten wir am Ende nicht einmal mehr, ob die Bänke zum Sitzen oder zum Anschauen gedacht sind und ob es erlaubt ist in das Gästebuch zu schrieben, oder es auch Teil der Ausstellung ist.

Einen Tag später waren wir im historischen Museum. In der ersten Etage war eine Ausstellung über Holz, was ich aber aufgrund der Sprachbarriere nicht wusste. Also habe ich die ersten Minuten damit verbracht, krampfhaft eine Beziehung zwischen der großen Erdkugel oder auch zwischen dem Schuh aus Holz und der Belagerung Sarajevos herzustellen … Traurig ist, dass mir sogar einige Ideen kamen. So entstehen Gerüchte…
Posieren auf dem "Kinderspielplatz"
Vom wirklichen Museum war ich dann ziemlich niedergeschlagen. Dargestellt wurde sowohl der Ablauf, als auch die Lebensweise während der Belagerung von 1992- 95. Doch dazu mehr in einem hoffentlich bald kommenden Eintrag über die Geschichte. So viel kann ich aber sagen: 
Viele vermissen die Zeit vor dem Krieg die Zeit unter Tito dem Staatsführer Exjugoslwiens. Daher gibt es auch das beühmt Kaffe Tito. Hier hängen überall Bilder von dem Jugoslawischen Staatsmann, es wird Ex- Jugomusik gespielt und die Kinder spielen auf den Panzern von damals...



Die letzte Woche haben wir dann etwas ruhiger angehen lassen. Oft saßen wir einfach nur alle zusammen im Kaffe, einer Bar oder meinem Lieblingsplatz, der Aussichtsplattform, von der aus man die ganze Stadt erblicken kann. (Nein, ich wiederhole mich nicht, es ist eine andere uns bessere als die vom letzten Mal ;-)). Zu den Gebetszeiten der Muslime konnten wir dann den Gesängen aus diversen Moscheen lauschen. Allein von diesem Platz aus konnten wir 25 Moscheen zählen. Und sicher konnten wir aufgrund des Smogs und der Berge noch lange nicht alle sehen. So genossen wir dort ab und zu zu einem Wein den wunderschönen Sonnenuntergang. Dann wurde es plötzlich windig und kalt, sodass wir die 26° C einfach nicht mehr aushielten. Denn nach stetigen 40 °C gleichen solche Temperaturen dem Winter.Es ist wirklich faszinierend, wie schnell man sich an ein neues Klima gewöhnt.




Hier noch ein Beweis dafür dass es wirklich heiß war: Ich versichere euch, die beiden ersten Fotos wurden zur gleichen Zeit geschossen. Leider wechselte das Thermometer gerade als ich fotografieren wollte von 40 auf 39°C. Die im großen Fluss stehende Ente soll Beweis dafür sein, dass Bosnien dieses Jahr wirklich an Wasserknappheit leidet. (Wir hatten schon des öfteren Wasserausfall für einen Tag) Aushalten konnten wir das nur durch Eis und Wasserbrunnen an jeder Ecke, bei denen ich bald Stammkunde war. Viele Kaffees sprühen ihr aus bestimmten Drüsen an ihren Regenschirmen kaltes Wasser in Nebelform auf die Leute. Eine tolle Idee, doch der Efefkt hält nicht lange an und daher ist ees wohl auch ziemliche Verschwendung. Alltägliche Fragen waren auch zb: Wie sitz ich am besten in der Straßenbahn ohne dass ich an meinem Rücken ein riesiger Schwißfleck samelt? Wie teile ich mir mein Wasser bis zum nächsten Brunnen am Besten ein?


Eines Abends waren wir zu einem Konzert eingeladen. Dort wurde Exjugo- Rock gespielt. Die Stimmung war großartig fröhlich und wir hatten eine Menge an Spaß. Kostenlose Lifemusik gibt es hier eine Menge. In irgendeinem Pub oder Kaffe findet man jeden Abend etwas. Das macht  auch ein Stück
 weit das Flair dieser Stadt aus, das schwer zu beschreiben ist (vielleicht lebendig, aber nicht im Sinne von viel Trubel und Hektik, sondern von wirklichem Leben), durch das ich mich aber unheimlich wohl gefühlt habe.  Am Freitag hat dann unser Sprachkurs geendet. Mubera, unsere Lehrerin, hat uns noch schnell in Blättern über Deklinationen ertränkt und einen Test geschrieben, der durch Einfachheit und Gruppenarbeit ziemlich gut ausfiel. Dann war es plötzlich vorbei. Auf der einen Seite schön, weil er sich doch zum Ende hin etwas in die Länge zog, aber auf der anderen Seite bedeutete dies auch das Ende unserer gemeinsamen Zeit in Sarajevo. Schade, denn gerade hatte ich mich erst so richtig an alle Menschen gewöhnt.
Doch ob ich will oder nicht, die Zeit in dieser wunderschönen Stadt ist nun zu Ende. Natürlich vermisse ich sie schon ein Bisschen, vorallem auch die Leute, die ich dort kennengelernt habe. Doch jetzt habe ich die Möglichkeit wieder neue tolle Leute kennenzulernen und an die darf ich mich dan sogar für ein Jahr gewöhnen. Also los geht es nach Brcko, meine nächste Herausfoderung wartet!


Und hier noch eine Antwort auf deine Frage, Mama. Ja, hier gibt es viel Obst. Lubenice (Wassermelonen) gibt es hier an jeder Ecke in übergroßen Dimensionen. Ansosnten gibt es viele Trauben, Pfirsche, Nektarienen und Pflaumen. Nur schmeckt alles tausend Mal echter und besser als bei euch in Deutschland. Auch hier noch ein Beweis dafür: Ich beim Pflaumen klauen :)
m
Was ich noch los werden möchte. Abgesehen von der Post- Seite gibt es oben noch eine Leiste mit mehreren Seiten. Da gibt es dann z.B. einen Text über das was ich generell hier mache und auch etwas über die Finanzierung meines Projektes. Lest euch (vorallem Letztere  ;D) sie bitte Mal durch :)

Und bevor ich es vergesse. Ab jetzt gibt es eine Erneureung in meinem Blog: Das eingebosnischte Wort des Tages. Denn immer wieder treffe ich on der bosischen Sprache auuf Wörter, diegenauso wie im englsichen oder deutschen ausgesprichen werden, nur auf ihre iegene bosnische art und weise geschreben werden.
Für heute habe ich mir rajsverslus ausgesucht (s= sch) und wie man sich denken kann heißt das: Reißverschluss.

Am Ende noch einige Bilder. Da ich nicht mehr viel Zeit habe, bis ich gehe und kein Internet mehr habe, mache ich mir nicht mehr die Mühe, sie irgendwie in einen flüssigen Text zu schreiben, das muss so reichen ;-)
Einschusslöcher sind an vielen Häusern zu sehen

links: die griechische, rechts: die deutsche Botschaft
etwas prollig.




wunderschöne Kunstuni






19 August 2012

Sarajevo


Langerhoffter Regen
Nachmittags pflegen wir den bosnischen Brauch des Kaffe trinkens. Das macht hier jeder täglich drei Mal. Doch davor wird ein Bisschen die Stadt erkundet. Und die ist wirklich wunderschön! Ich fühle mich ein Bisschen wie in meiner Heimatstadt Thale. Sarajevo ist von hohen Bergen umgeben und durch die Mitte fließt der Fluss Miljacka. Nur leider hat sie fast kein Wasser. Vorgestern hat es jedoch das vierte Mal seit Anfang Mai geregnet und seit dem ist das Wasser sogar hörbar am plätschern. Eines Abends sind wir einen Berg ein Stückchen hoch gegangen und habendie ganze Stadt erblicken können.


Da die Stadt lang und schlank ist können wir uns auch schon gut orientieren...und oxidentieren…Zugegebenermaßen ein unheimlich schlechter Witz, aber er passt gut, weil sich hier Orient und Oxident begegnen und eine interessante Mischung ergeben. Das kommt daher, dass Bosnien ethnisch gesehen ein sehr bunt gemischtes Land ist, das sich aus 48% Bosniaken (Bezeichnung für muslimische Bosnier, klingt meiner Meinung nach abschätzend, soll es aber keineswegs sein), 37% Serben, 14% Kroaten und mehreren Minderheiten, wie z.b. den Roma, zusammensetzt. Das hat wiederum geschichtliche Hintergründe, die aber zu komplex sind, um sie nebenbei erwähnen zu können. Dieses Multikulti wird vorallem in der Innenstadt deutlich. Dort befinden sich im Umrekis von 100m² eine katholische Kathedrale, eine jüdische Synagoge, eine orthodoxe Kirche und eine Moschee.


wortwörtlich der Taubenplatz
Für die orientalische Note ist vor allem die Bašcaršija (der alte Basar in der Altstadt) verantworlich, die aus der Zeit des osmanischen Reiches stammt (15. Jh.). Sie ist zu jeder Tageszeit gefüllt und versprüht eine unheimlich fröhliche Stimmung.
Wunderschön! Hier findet man auch das Wahrzeichen der Stadt, den Taubenplatz mit Trinkbrunnen, ohne den wir wahrscheinlich verdursten würden. Hier begegnet man auch gehäuft dem Islam. Neben zahlreichen hübschen Moscheen (die ich leider aufgrund meiner Sommerkleidung noch nicht besichtigen konnte) gibt es viele Frauen mit Kopftüchern und langen Gewändern, die ich bei diesen Temperaturen nicht beneide. Zudem erklingen fünf Mal täglich in der ganzen Stadt die Gebete. Gerade ist Ramadan, die Fastenzeit der Muslime, sprich der Monat in dem der Koran verfasst wurde.  "Da ist nicht so viel los in der Stadt", sagt man. Doch ich empfinde Sarajevo jetzt schon als ziemlich belebt. Umso gespannter bin ich, was hier wohl  ab Sonntag"abgehen" wird. Denn dann wird erst einmal drei Tage lang Bajram, das Ende des Ramadans, gefeiert. Schon seit mehreren Tagen werden große Feste und Festmahle vorbereitet.


Sarajevo im Sonnenuntergang
Während des Ramadans dürfen sie, solange die Sonne auf ist, nichts essen und trinken. Gegen 20:30 Uhr geht sie dann unter, woraufhin durch die ganze Stadt ein lauter Knall erschallt. Auf einem Schlag kriechen die Ameisen aus ihren Löchern, weil sie Nahrung wittern. Zu dieser Tageszeit fühle ich mich dort am wohlsten, denn dann sind alle ausgelassen fröhlich. Es ist uns auch schon passiert, dass wir gefragt wurden, ob wir ab Sonnenuntergang jemanden unseren Sitzplatz übergeben können, weil es sehr schwer ist, nach Sonnenuntergang überhaupt etwas zu finden.




Bosanska kafa
Auch von der bosnischen Esskultur habe ich schon viel Bisschen kennengelernt. So hatte ich schon Kontakt mit bosnischem Kaffee, der in einem hübschen Metallkännchen serviert wird und anschließend in ein Porzellanschälchen mit Zuckerwürfeln gegossen werden muss. Dazu gibt es immer ein Stückchen türkischen Honig, einer Art festem Gelee, das nach nichts weiter außer Zucker schmeckt. Das Ganze hat dann aus einer Hälfte Kaffeesatz und einer Hälfte flüssigem Kaffee bestanden, weshalb wir uns auch nicht so sicher waren, ob der Kaffeesatz mitzuessen ist. Also haben wir ihn ausgelöffelt… Das war weder genüsslich noch richtig. Doch man muss alles ausprobiert haben.



Ich liebe Pita
Jedenfalls würde ich das gerne, wenn da nicht das Vegetarierproblem wäre. Denn die bosnische Küche scheint genauso fleischlastig wie die deutsche zu sein. An jeder Ecke gibt es hier Ćevapčići und Burek. Ćevapčići besteht aus Fleischröllchen, welche in Fladenbrot (das französische Baguette der Bosnier, sprich das, was man zu allem ist) und einer grooßen Menge an Zwiebeln serviert wird. Burek besteht aus Gehacktem, welches in Teig eingerollt wird, was dann wie ein Darm aussieht und anschließend zu einer Schnecke zusammengerollt wird. Davon gibt es zum Glück auch diverse vegetarische Varianten, genannt Pita. Das gibt es hier an jeder Ecke mit Käse, Spinat und Feta oder einfach mit Kartoffeln. Pita ist momentan mein Grundnahrungsmittel und ist einfach nur köstlich.Die Organisation, in der wir untergebracht sind hat uns eines Abends zum Essen nach dem Sonnenuntergang eingeladen. Als wir aufgestanden sind haben sie angefangen zu kochen und erst aufgehört, als die Sonne untergegangen war. Das ganze Haus hat wundervoll gerochen, weshalb ich mich so darauf freute.

Natürlich gab es dann fast nur Fleisch. Ich habe mich also von Kartoffelbrei, Kartoffeln, Soße, Fladenbrot und suuper süßem Kuchen ernährt. Sogar ich, die gebürtige Kuchenesserin, hat nach zwei Stückchen nichts mehr Essen können. Denn wenn die Bosnier etwas Süßes essen, dann wird das auch mehr als nur süß. Dass wir uns das gaze als langen gemütlichen Abend vorgestellt hatten war auch eher ein Trugschluss. Menschen, die den ganzen Tag lang weder gegessen noch getrunken haben sind viel zu ausgehungert um sich beim Essen der Muße und Gemütlichkeit hingeben zu können. Also kam das Ende leider schneller als gedacht.

17 August 2012

Dobar Dan


Ja sam Johanna, volonterka iz Njemačke i učim bosanski jezik u Sarajevu.
(Guten Tag, ich bin Johanna, eine Freiwillige aus Deutschland und lerne in Sarajevo die bosnische Sprache).
Und ich muss sagen, das klappt ganz gut! Dass ich eine Fremdsprache (Bosnisch) auf einer Fremdsprache (Englisch) lerne fällt mir währenddessen nicht auf. Es ist genauso wie auf Deutsch, nur ganz selten fehlt mir mal ein Wort.




Jetzt kann ich bereits....

...alle möglichen Grußformeln, inklusive Smalltalk (Wie geht es dir usw.), kann Einkaufen gehen, alles Mögliche von Zucchini bis Maulbeere bestellen, bis 999.999 zählen, Verben konjugieren, mich über die Uhrzeit unterhalten, Wochentage, Tageszeiten, Farben Kleidungsstücke usw...

...es steht jeden falls in meinem Vokabelheft, welches auf Seite 61 angekommen ist. Der Rest steht auf den 30 Blättern. Nein, wirklich, in der Stadt verstehe ich schon ab und zu ein paar Sachen und kann vieles bestellen. Ich bemühe mich mir vieles zu merken, aber alles auf ein Mal ist zu viel. Der Sprachkurs soll uns eher eine Grundlage schaffen und diesen Zweck erfüllt er. Auf jeden Fall bekomme ich langsam ein Gefühl für die Sprache. Die ist auch gar nicht so schwierig. Es ist nur bewundernswert, wie viele Konsonanten man aneinander reihen kann, sodass es dennoch ein Wort ergibt, wie zB. das Wort četrvtak (Donnerstag). Manche Wörter kommen sogar ganz ohne Vokal aus, wie Prst (Finger / Zeh).

Ganz spannend sind auch all die verschiendenen Buchstaben:
- č (wie "tsch")
- ć (wie č, also wie tsch, nur anders)
- dž (wie dsch)
- đ (ausgesprochen wie dž , also wie dsch nur anders)
- š (wie sch) und
- ž (wie š, also wie sch, nur weicher)

Noch amüsanter sind die eingedeutschten Wörter wie
- veš mašina (Waschmaschine),
- ofinger (Aufhänger, also Kleiderbügel) oder
- rajsferšlus  (Reißverschluss)

Falls uns dennoch langweilig wird kommen dann Phillips Fragen nach Wörtern wie Russenmütze.
Also sollte es gar nicht so langweilig werden. Dennoch sind wir jeden Tag unglaublich müde. Unsere viel zu nette Lehrerin fragt uns dann jeden Tag:
"Je ste li vi umorni danas?" (Seid ihr heute müde?)
"Jesmo" (Ja, sind wir.)
"Pauza?" (Pause?)
"Da." (Ja.)

Daher gibt es viele viele Pausen, in denen wir uns dann immer noch mal schnell ins Bett legen.
Ab um 1 ist der Unterricht vorbei. Dann heißt es immer: "So Leute, heute lernen wir erstmal Vokabeln bevor wir in die Stadt gehen". Anschließend werden die Vokabelhefte herausgeholt, aufgeschlagen, zugeschlagen und es wird gesagt "Eigentlich reicht es, wenn wir uns morgen früh alles durchlesen" Morgens stehen wir dann so auf, dass wir es gerade schaffen uns anzuziehen und zum Sprachkurs zu gehen. Dann fängt alles wieder von vorne an.